Die Mieterin Art 5, eine inzwischen neun Köpfe starke Künstlergruppe, ist offen für Gastkünstler. Sie lebt nicht von der Kunst, aber mit künstlerischem Tun. Es ist möglich, persönliche, alltägliche Aufs und Abs mitzubringen, hineinzutragen ins Atelier und kreativ zu werden, auch Neues zu wagen, sich Tipps zu holen von den anderen. Entscheidungen werden gemeinsam getroffen. Ansonsten ist es wie in jeder Beziehung. Sie haben Spaß, aber manchmal, wenn die Konzentration gestört wird, gehen sie sich auch auf den Keks. Bei Konflikten wird der gemeinsame Nenner gesucht. Einen Teppich, unter den Strittiges gekehrt wird, gibt’s nicht in der ehemaligen Gerberei.

In der Adelberger Straße fand sich ein schnuckeliges altes Haus
Angefangen hatte alles im Jahre 2000 bei der Ausstellung „Kunst & Hobby“ in der Staufenhalle, wo sich Leute fanden, die vom heim(l)ischen, isolierten Kunstschaffen wegwollten in eine Gemeinschaft Gleichgesinnter. Man traf sich erst beim Künstlerstammtisch im „Dudelsack“ (heute „Bei Pino“) und irgendwann geronnen die Wünsche und Ideen von Martina Bystry, Klaus Greiner, Martina Schindler, Rolf Fürlinger und Anton Frey zur Realität: Mit der Adelberger Straße 5 fand sich ein schnuckeliges altes Bauernhaus, das der Gemeinde gehörte. Es stand unter Denkmalschutz und jeder des Quintetts fand seinen Raum drin, wo ein Ofen für Behaglichkeit sorgte. Im Kuhstall, in dem die Arbeiten mit dem Stein vonstattengingen, war’s im Winter auch mal affenkalt. Art 5 war geboren, aber nach fünf Jahren war’s vorbei mit dem Idyll. Das Haus brannte im Dezember 2005 aus ungeklärten Gründen ab, und manche Feuerwehrleute machten sich nach dem Löschen einen Riesenspaß draus, Skulpturen mit spärlich bekleideten Damen auf Bahren, auf denen sonst Verletzte geborgen werden, hinauszutragen ...
Die somit abgebrannte Künstlergruppe zerbrach über dem Schicksalsschlag nicht. Vielmehr suchte sie, zu der sich zwischenzeitlich auch Gabi Häussermann gesellt hatte, neue bezahlbare Räume. Das dauerte, und schließlich wurden sie nach einigen Monaten fündig und konnten nach umfangreichen Renovierungsarbeiten im November 2006 in der Jakob-Schüle-Straße 54 ein Domizil finden, in das der Eigentümer zwar nichts investiert und in dem das Damoklesschwert eines Verkaufs jederzeit über ihnen hängt – aber: Die Investoren standen seither nicht Schlange. Und so leben sie – Küche und anderes Mobiliar ersteigerten sie bei Ebay – im Gebäude mit türkischen Familien unter einem Dach. Gehämmert und gemeißelt wird maximal bis 22 Uhr und ganz leise sind sie eine halbe Stunde später. Das Zusammenleben funktioniert. Man respektiert sich, wahrt aber den Abstand. Dienstag- und donnerstagabends ist jeweils offenes Atelier. Einmal kam schon mal ein türkisches Familienoberhaupt runter zum Schauen ins etwa 180 Quadratmeter große Gemeinschaftsatelier, aber was er da an Freizügigkeit sah, scheint ihn (noch) nicht recht beflügelt zu haben, die Frauen und Kinder hinterherzuschicken ...
Schorndorfer Nachrichten 13.03.2010