Montag, 6. August 2012

Welzheim und Umgebung  

Von Elfen und von Zwölfen

Simone Dorra
 Foto: ZVW

Ausstellung der Plüderhäuser Künstlergruppe „Art 5“ in der Alfdorfer Hagmühle

Welzheim. Ausstellungen von Künstlern erwartet man - normalerweise - eher in der Großstadt. Dort marschiert dann teuer gekleidete Schickeria auf, schlürft Prosecco und sondert mehr oder weniger kenntnisreiche Kommentare ab. So weit, so Klischee. Dass es auch ganz anders geht, war in der Hagmühle zu sehen.
Sieben Uhr abends. Im Tal bei der Hagmühle ist die Luft überraschend frisch und kühl, und Kunstwerke sind rings um das Haus verteilt. Von steifer Kultur ist nirgendwo etwas zu spüren ... wer mag, nimmt sich einen Sekt und eine Butterbrezel, bewundert die weichen Formen der abstrakten Skulpturen von Martina Bystry und die stilisierten Torsos von Anton Frey. Zwar gibt es eine offizielle Begrüßungsrede, und die Tochter der Künstlerin Karin Lutz spielt Chopin und Rachmaninoff, aber die Atmosphäre ist wohltuend entspannt.

In der Mühle riecht es nach Freilandmuseum

In der Mühle kann man zwischen den technischen Altertümern des Mahlwerks herumlaufen; es riecht nach Freiluftmuseum und die schmalen Stiegen knarren mächtig unter den Füßen. Gabi Häussermann hat viele ihrer Gemälde ausgestellt und bietet sie auch zum Verkauf an. Glühend rote Blütenblätter scheinen sich auf der Leinwand zu einer Pflanze zusammenzufügen, in einem anderen Raum sind die Farben statt dessen dunkel und kühl hinter einem symmetrischen Netz aus Lichtpunkten. Und auch in der Mühle sind die Skulpturen von Martina Bystry wieder zu finden, nicht weiß wie draußen, sondern schwarz oder aus halb durchscheinendem Alabaster - runde, glatt polierte Formen, die aus einer rauen, eckigen Basis herauswachsen oder Kunstwerke, die aussehen wie überdimensionale Ammoniten.
Ganz oben unter dem Dach, wo es an diesem Tag am wärmsten ist, präsentiert Helmut Saling seine Bilder. Was sie darstellen sollen? Bei anderen Ausstellungen hat er sich schon Titel ausgedacht. „Diesmal war i faul,“ sagt er ganz offen und grinst. Außerdem, meint er, sieht doch sowieso jeder Betrachter etwas anderes, wenn er ein Bild betrachtet. Auf einer Leinwand finden sich vor einem Hintergrund von warmem Rot und erdigen Braun Eisenelemente ... eine Ofentür, ein Griff, alles rostig und verwittert. Die Sachen hat er auf einem Schrottplatz in Ungarn gefunden, wo er einen Künstler besuchte. „Ich war Kaufmann und Musiker,“ sagt Saling, „und jetzt mal ich halt auch noch.“ Kunstkurse hat er auch besucht, bis seine Lehrerin feststellte, dass er trotz allen Richtlinien seinen eigenen Ideen treu blieb und begriff, dass es ein Fehler gewesen wäre, daran etwas zu ändern.

Atmosphäre ist total inspirierend

Im Biergarten erfrischen sich die Besucher inzwischen mit Bier, Paprikawurst und Maultaschen. „Total inspirierend ist das hier,“ meint einer, „da möchte man am liebsten wohnen.“ Und vor der Mühle lächeln noch immer die beiden schönen Frauengesichter der weißen Marmorskulptur von Karin Lutz geheimnisvoll, und an verschiedenen Stellen schweben ihre Elfen - überaus weiblich geformte, nackte Frauengestalten, die aussehen, als wären sie mitten in der Bewegung erstarrt. „Die von 2011 sind die Elfen, die von 2012 die Zwölfen. Und die haben auch keine Flügel mehr.“ Wie fliegen sie denn dann? „Mit den Armen und den Haaren,“ sagt Karin Lutz und lacht.
 Foto: ZVW
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