Ausstellung der Plüderhäuser Künstlergruppe „Art 5“ in der Alfdorfer Hagmühle
Welzheim. Ausstellungen von Künstlern erwartet man - normalerweise
- eher in der Großstadt. Dort marschiert dann teuer gekleidete
Schickeria auf, schlürft Prosecco und sondert mehr oder weniger
kenntnisreiche Kommentare ab. So weit, so Klischee. Dass es auch ganz
anders geht, war in der Hagmühle zu sehen.
Sieben Uhr abends. Im Tal bei der Hagmühle ist die Luft überraschend
frisch und kühl, und Kunstwerke sind rings um das Haus verteilt. Von
steifer Kultur ist nirgendwo etwas zu spüren ... wer mag, nimmt sich
einen Sekt und eine Butterbrezel, bewundert die weichen Formen der
abstrakten Skulpturen von Martina Bystry und die stilisierten Torsos von
Anton Frey. Zwar gibt es eine offizielle Begrüßungsrede, und die
Tochter der Künstlerin Karin Lutz spielt Chopin und Rachmaninoff, aber
die Atmosphäre ist wohltuend entspannt.
In der Mühle riecht es nach Freilandmuseum
In der Mühle kann man zwischen den technischen Altertümern des
Mahlwerks herumlaufen; es riecht nach Freiluftmuseum und die schmalen
Stiegen knarren mächtig unter den Füßen. Gabi Häussermann hat viele
ihrer Gemälde ausgestellt und bietet sie auch zum Verkauf an. Glühend
rote Blütenblätter scheinen sich auf der Leinwand zu einer Pflanze
zusammenzufügen, in einem anderen Raum sind die Farben statt dessen
dunkel und kühl hinter einem symmetrischen Netz aus Lichtpunkten. Und
auch in der Mühle sind die Skulpturen von Martina Bystry wieder zu
finden, nicht weiß wie draußen, sondern schwarz oder aus halb
durchscheinendem Alabaster - runde, glatt polierte Formen, die aus einer
rauen, eckigen Basis herauswachsen oder Kunstwerke, die aussehen wie
überdimensionale Ammoniten.
Ganz oben unter dem Dach, wo es an diesem Tag am wärmsten ist,
präsentiert Helmut Saling seine Bilder. Was sie darstellen sollen? Bei
anderen Ausstellungen hat er sich schon Titel ausgedacht. „Diesmal war i
faul,“ sagt er ganz offen und grinst. Außerdem, meint er, sieht doch
sowieso jeder Betrachter etwas anderes, wenn er ein Bild betrachtet. Auf
einer Leinwand finden sich vor einem Hintergrund von warmem Rot und
erdigen Braun Eisenelemente ... eine Ofentür, ein Griff, alles rostig
und verwittert. Die Sachen hat er auf einem Schrottplatz in Ungarn
gefunden, wo er einen Künstler besuchte. „Ich war Kaufmann und Musiker,“
sagt Saling, „und jetzt mal ich halt auch noch.“ Kunstkurse hat er auch
besucht, bis seine Lehrerin feststellte, dass er trotz allen
Richtlinien seinen eigenen Ideen treu blieb und begriff, dass es ein
Fehler gewesen wäre, daran etwas zu ändern.
Atmosphäre ist total inspirierend
Im Biergarten erfrischen sich die Besucher inzwischen mit Bier,
Paprikawurst und Maultaschen. „Total inspirierend ist das hier,“ meint
einer, „da möchte man am liebsten wohnen.“ Und vor der Mühle lächeln
noch immer die beiden schönen Frauengesichter der weißen Marmorskulptur
von Karin Lutz geheimnisvoll, und an verschiedenen Stellen schweben ihre
Elfen - überaus weiblich geformte, nackte Frauengestalten, die
aussehen, als wären sie mitten in der Bewegung erstarrt. „Die von 2011
sind die Elfen, die von 2012 die Zwölfen. Und die haben auch keine
Flügel mehr.“ Wie fliegen sie denn dann? „Mit den Armen und den Haaren,“
sagt Karin Lutz und lacht.